Sie haben die Aufgabe, einen Wasserstrahl möglichst weit weg zu schießen. Aus Erfahrung schließen Sie aus, den Schlauch senkrecht zum Himmel zu richten. Die flache Haltung des Schlauchs fällt ebenfalls – flach. Die Wahrheit liegt also in der Mitte. In welchem Winkel werden Sie den Schlauch nun halten?

Am weitesten wird ein Gegenstand geworfen, indem man ihn in einem Winkel von 45° von sich wegwirft. Dies ist der theoretisch ideale Wert.

Im Alltag machen folgende Phänomene oft Abweichungen von diesen 45° notwendig: Wind, Reibung, Strömungen, Wirbel, Art des Gegenstandes und Weise des Wurfes. Dieser schiefe Wurf ist eine zusammengesetzte Bewegung aus einer gleichförmig geradlinigen Bewegung nach vorne und einer gleichförmig beschleunigten Bewegung zuerst nach oben und dann nach unten. Während die Komponente nach vorne nach Abwurf theoretisch unverändert bleibt, praktisch aber durch Reibung vermindert wird, ändert sich die Komponente nach oben durch die Wirkung der Schwerkraft ständig.

Diese Zusammensetzung der Momentangeschwindigkeit beim Wurf durch mehrere Komponenten wird Superpositionsprinzip genannt.

1. Pinkeln

Entschuldigen Sie bitte dieses Beispiel, aber Männer kennen das. Die beste Wurfparabel gibt es beim Pinkeln. Hier wird der richtige Winkel intuitiv richtig eingestellt, wenn man weit kommen will. Mehr kann man dazu nicht sagen, ausser der Warnung: pinkeln Sie nie gegen den Wind (Reibung), und größte Warnung: auf die Oberleitung einer Eisenbahn oder ein anderes elektrisch geladenes Objekt. Es befinden sich viele Mineralstoffe in der Flüssigkeit, sie ist dadurch (leider) ausgesprochen leitfähig.

2. Über die Donau schwimmen

Ich schwimme einen Meter nach vor – die Donau steht einstweilen. Dann stoppe ich mein Schwimmern, die Donau treibt mich ab. Dann schwimme wieder ich, dann die Donau. Tatsächlich laufen beide Teilbewegungen gleichzeitig ab, und so entsteht ein schräges Schwimmen.

3. Artilleriefeuer und die Lehre vom Schuss

Was sich als freiwillige Beschäftigung mit theoretischen Fragen anhört, ist für Militärs von hochrangiger Bedeutung: beim Schießen muss immer wieder diese Frage gestellt werden, in welchem Winkel die Haubitze, das Gewehr, Pfeil und Bogen gehalten werden. Nur selten wird hier im „Idealwinkel“ von 45° geschossen, es muss je nach Wind und Luftbeschaffenheit, nach Art des Geschoßes darüber oder darunter gehalten werden. Auch bei Raketen stellt sich die Frage nach dem Abschusswinkel. Hier könnten eigene Versuche mit billigen Silvesterraketen durchaus angestellt werden!

Beginnen wir so: wenn wir einen Gegenstand weit werfen wollen, werfen wir ihn nicht senkrecht in die Luft. Er würde auf unseren Kopf herunterfallen. Tatsächlich werden immer wieder Menschen verletzt, durch Pistolenkugeln die in die Luft hinauf gefeuert werden: Freudenschüssen zu Silvester. Wir werden einen Gegenstand auch nicht waagrecht werfen wollen, weil er so nicht weit kommt. Wir werfen einen Gegenstand schräg weg, damit er am weitesten kommt. Durch Versuche – oder auch mathematisch – fand man heraus, dass der ideale Winkel exakt zwischen waagrecht und senkrecht liegt, also bei 45 Grad. Durch Windverhältnisse und andere Widrigkeiten kann dieser Winkel für unterschiedliche Gegenstände aber durchaus variieren.

Es geht beim “schiefen Wurf” um ein bemerkenswertes Prinzip der Mechanik: das Superpositionsprinzip. Zusammengesetzte Bewegungen laufen so ab, als ob ihre Teilbewegungen hintereinander ablaufen würden.

Was versteht man unter Superposition von Bewegungen?

Eine komplizierte Bewegung kann in einzelne einfache Teilbewegungen aufgespalten werden, die hintereinander ablaufen können.

Wie ist das nun mit dem schiefen Wurf und der Superposition von Geschwindigkeiten?

Der schiefe Wurf oder Schuss setzt sich aus zwei Bewegungen zusammen: einer gleichförmigen Bewegung in waagrechter Richtung (Geschwindigkeit bleibt gleich) und einer beschleunigten Bewegung in senkrechter Richtung (Geschwindigkeit nimmt ab dem Moment des Wegwerfens ab und wird ab einer bestimmten Höhe negativ, der Körper fällt auf den Erdboden zurück. Grund: Erdbeschleunigung).

Die Wurfweite hängt nicht nur vom Betrag der Abwurfgeschwindigkeit ab, sondern eben auch vom Winkel zur Horizontalen. Die maximale Weite erhält man für 45°.

Beim schiefen Wurf entsteht eine “Wurparabel” – die Flugbahn verläuft parabelförmig.

Was bedeutet parabelförmige Flugbahn?

Gießen Sie Tee in die Kanne ein. Das ist eine parabelförmige Flugbahn. Schauen Sie einem Tennisball zu, der in die Luft geschossen wird, auch das ist eine parabelförmige Flubahn. So finden sich viele Beispiele. Eine parabelförmige Flugbahn entsteht, wenn die Geschwindigkeitskomponente nach vorne weitgehend unverändert bleibt, während die Geschwindigkeitskomponente nach oben durch die Wirkung der Schwerkraft zukzessive verringert und dann nach unten gewendet wird.