Der phantastische Erfinder Nikola Tesla wurde vor 150 Jahren geboren. Von vibrierenden Platten, freier Energie aus dem Weltall und der Geburt des Wechselstromes erzählt Lothar Bodingbauer.*

“Nicht öffnen, Gefahr”. Als die Freunde Nikola Teslas eine Schachtel mit dieser Aufschrift im Tresor des Erfinders fanden, zögerten sie keine Sekunde, die Warnung ernst zu nehmen. Tesla war eben erst 86-jährig verstorben, und die Geschichten rund um seine Erfindungen und Ideen waren hinlänglich bekannt, so dass die Freunde vorerst die neugierigen Finger von der Schachtel ließen. Man weiß ja nie.

Nikola Tesla, was für ein Erfinder! Der aus Serbien und dem damaligen Österreich ausgewanderte Elektrotechniker entwickelte ein elektrisches Gerät, das enorme Funken in die Luft schleudert, ohne einen daneben stehenden Menschen zu töten. Wechselstrom lautet das Zauberwort, das Gerät heißt Tesla-Spule und sie erzeugt Wechselströme mit hoher Frequenz. Es hat dabei geblitzt, geraucht, gefunkt. Tesla verschwand in einem elektrischen Flammenmeer und entstieg demselben wieder, unverletzt. Beeindruckend, aber mit dicken Korksohlen an den Schuhen ziemlich ungefährlich.

Ohne Zweifel: Nikola Tesla sorgte für Aufsehen. Als er 1884 nach Amerika auswanderte, konnte er zunächst in der Werkstatt von Thomas Alva Edison arbeiten, dem Erfinder der Glühbirne. Tesla sollte für Edison Motoren reparieren und verbessern sowie Generatoren herstellen, die Gleichstrom erzeugten, also Strom, der immer in eine Richtung fließt. Doch der umtriebige Tesla experimentierte stattdessen an Wechselstromgeräten, bei denen der Strom ständig die Richtung ändert. Das scheint ein kleines Detail zu sein, aber die ganze Versorgung elektrischer Energie ist mit Wechselstrom einfacher und verlustfreier zu handhaben. Dementsprechend sauer waren Edisons Geldgeber, die die Versorgung Amerikas mit Gleichstrom geplant hatten. Sie blieben auf ihren Investitionen sitzen und setzten dafür ein Gerücht in die Welt – der Elektrische Strom werde mit Wechselstrom betrieben – was auch stimmte. Das zeige doch, wie gefährlich Wechselstrom wäre! Erfolglos. Tesla führte das Wechselstromsystem in Amerika und in der ganzen Welt ein. Bis heute sein größter Verdienst.

Denn alles Weitere ist Phantasie! Tesla wollte Energie funken – eine seiner größten Ideen, die nur einen Haken hat: sie funktioniert nicht. Man kann zwar mit Radiowellen Informationen übertragen, aber große Mengen an Energie? Dazu reichen einfache Radiowellen nicht aus. Tesla hat auch angeblich eine vibrierende Platte konstruiert, die Gebäude zum Einsturz bringen könnte. Dass sie einer Person, die auf der vibrierenden Platte stand, plötzlich zu Durchfall verhalf, bleibt ebenso ein Gerücht.. Und die Idee der “Freie Energie”, die Tesla aus dem Weltraum beziehen wollte und zwar kostenlos? Auch so eine Geschichte, die nicht funktionierte, und wohl auch nie funktionieren wird.

Nikola Tesla war ein so genannter „Altösterreicher“. Er wurde 1856 auf dem Gebiet der österreichisch-ungarischen Monarchie geboren, In Smiljan, im heutigen Kroatien. Er studierte in Graz und später auch in Prag. Er blieb aber hier wie dort ohne vernünftigen Abschluss, trotzdem war er ein ungemein begabter und guter Experimentator. Deshalb wurde er auch in Amerika mit offenen Armen aufgenommen, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, zu einer Zeit, als die Welt im Elektrizitätstaumel, im Aufbruch war. Wir schreiben das Jahr 1880. Die Erfindungen der Elektrizität waren neu, man ging am Abend nicht ins Kino, sondern in Elektrisiersalons, um sich elektrisieren zu lassen, so spannend war das alles. Von den Gefahren hatte man oft wenig Ahnung.

Als auf der Weltausstellung 1893 in Chicago die Beleuchtung mit Wechselstrom bewerkstelligt wurde, war das ein wichtiger Durchbruch für Nikola Tesla. Das war übrigens jene Weltausstellung, bei der auch das erste Riesenrad vorgestellt wurde.

Tesla arbeitete wie ein Pferd. Er kümmerte sich um die Tauben in New York mehr als um seine Mitmenschen, schreiben die Biographen. Tesla schlief kaum und benahm sich alles in allem ziemlich eigenartig. Er ließ sich mit seinen riesigen Funken fotografieren, und war aber darüber hinaus doch so seriös, dass sich auch heute noch die Elektrotechniker der Universitäten mit Teslas elektrischen Erfindungen beschäftigen.

Tesla sagte, er hätte Ideen, Roboter per Funk fernzusteuern, ein Verteidigungssystem für Amerika könnte er herstellen, mit noch nie da gewesenen Todesstrahlen. Tesla formuliert erste Ideen für Laser, er entwickelt auch eine Tesla-Turbine, die es heute wirklich gibt sowie Geräte für Heilbehandlungen – zur Erwärmung tiefer liegender Gewebeschichten. Auch diese Geräte werden heute noch verwendet, in Kuranstalten wie Bad Schallerbach zum Beispiel.

Neben Elektrotechnikern der Universitäten beschäftigen sich heute auch Esoteriker gerne mit Tesla. Für einige von ihnen ist Tesla ein Mann, der von der Venus zur Erde kam, um sie zu retten. Hobbyelektrotechniker bauen seine Erfindungen nach, um mit heutigen Materialien noch wildere Ergebnisse zu produzieren. Gefährlich ist das, wirklich! Dann wird zu seinen Ehren eine physikalische Einheit zur Stärke magnetischer Felder nach ihm benannt. Und noch eine Gruppe von Menschen begeistert sich für Nikola Tesla: Leute aus dem ehemaligen Jugoslawien, für sie ist ihr Landsmann das Paradebeispiel des erfolgreichen Auswanderers.

Dessen Ruhm bis ins 21. Jahrhundert strahlt. Denn dieser Tage wurde in den USA das „Tesla Auto“ vorgestellt: ein elektrisch betriebener Sportwagen, der von 0 auf 100 Kilometer die Stunde in nur vier Sekunden beschleunigt und mit Strom aus der Steckdose fährt. Das hat zwar mit Nikola Tesla nichts zu tun, doch steht sein Name für Elektrizität und Begeisterung und sorgt so für genügend Publicity. Gerade in unserer Zeit, in der Elektroautos a la longue die benzin- und dieselgetriebenen Autos ablösen werden.

Als bei Teslas Freunden schließlich doch die Neugier über die Vorsicht siegte und sie die Schachtel aus Teslas Tresor öffneten, enthielt sie nur ein paar belanglose Papiere. Teslas letzter Aufreger war verpufft. Seine Asche wurde nach Belgrad gebracht, wo das Tesla-Museum über die phantastischen und wirklichen Erfindungen jenes Mannes erzählt, der uns bis heute immer wieder aufs Neue in seinen Bann zieht.

  • Der Autor ist Redakteur bei Ö1, Physiklehrer in Wien und Buchautor.

Erschienen in SCIQ