Tipp: Hier geht’s ausführlichen 10-Punkte-Plan der VWA (Vorwissenschaftliche Arbeit)


In Zukunft werden Maturantinnen in Österreich “vorwissenschaftliche Arbeiten” verfassen. Der Weg zur VWA. Es werden Arbeiten sein, die nicht im Internet recherchiert werden sollen. Eigene Arbeiten, die mit eigenen Forschungsfragen beginnen. Was aber sind gut zu bearbeitende Fragen?


1. Beginnt Ihre Frage mit warum oder wieso?

Suchen Sie bei Ihrer Forschungsfragen nicht nach dem Grund, sondern nach dem Verlauf einer Sache.

Warum-Fragen können nicht beantwortet werden. Erstes Problem dabei: Man kann immer weiter fragen und kommt nie auf einen Grund. Zweites Problem: Warum-Fragen können auch folgendermaßen beantwortet werden: Weil ein kleines grünes Männchen am Mars einen roten Knopf drückt. Man könnte diese Antwort nicht widerlegen, und deshalb kann man eine Frage, die zu so einer Antwort führt, als Forschungsfrage nicht stellen. Ausweg: Wie-Fragen können beantwortet werden. Beschreiben Sie das, was Sie sehen oder messen.

  • Gute Beispiele: Wie läuft Wasser eine Fensterscheibe hinunter? Wohin kriecht die Schnecke? Wie schnell fährt der 13A zwischen Pilgramgasse und Mariahilferstraße? Wo ist der Mond? Wann bekommt ein Kaktus Stacheln?

Nicht so gute Beispiele: Warum kann ich unter Wasser nur unscharf sehen? Warum wird mein Bleistift stumpf? Warum möchten meine Freunde jeden Tag Eisessen gehen?

2. Suchen Sie in Ihrer Frage nach dem Besten oder Schnellsten?

Fragen Sie in Ihrer Forschung nicht nach dem Besten von allem, sondern nach einer Auswahl daraus.

Superlative machen Schwierigkeiten. Erstes Problem: Man kann nie alle Möglichkeiten aufzählen, die es gibt, weil man sie nicht kennt. Zweites Problem: Eine Frage nach dem besten Platz für den Empfang von Wireless LAN könnte zum Beispiel so lauten: Im Fußboden. Man könnte so eine Antwort nicht widerlegen, und deshalb ist  so eine Frage als Forschungsfrage nicht gut geeignet. Ausweg: Bieten Sie mehrere Möglichkeiten an, die Sie untersuchen. Sie können dann die Ergebnisse ordnen und das Beste/Schnellste/Stärkste wird sichtbar.

  • Gute Beispiele: Friert heißes oder kaltes Wasser zuerst? Kriecht eine Nacktschnecke schneller als eine Weinbergschnecke? Wächst eine Pflanze mit normalem Wasser, Mineralwasser, abgekochten oder destilliertem Wasser am besten?

Nicht so gute Beispiele: Wie komme ich am schnellsten vom 4. in den 5. Bezirk? Wer ist der beste Langstreckenläufer? Wie werfe ich am weitesten?

Wie wachsen Kakteen?

Wie wachsen Kakteen?

3. Können Sie formulieren, welche Antwort Sie auf Ihre Frage erwarten?

Forschungsfragen ohne denkbare Antworten zeigen nicht die passende Methode, die Antwort zu finden.

Fragen ins Blinde hinein sind schwer zu bearbeiten. Es ist wichtig, sich zu überlegen, ob blau, 12, geruchlos oder hoch herauskommen wird. So wissen Sie, mit welchem Messgerät, mit welcher Methode Sie die richtige Antwort suchen werden, welche Größenordnungen Sie erwarten, wie schwierig es ist, eine Antwort zu finden. Ist es nicht möglich, eine erwartete Antwort zu formulieren, ist das ein Zeichen dafür, die Frage anders zu stellen.

  • Gute Beispiele: Wie viele Menschen gehen in den nächsten fünf Minuten vor mir vorbei? (12) Welche Farbe haben die meisten Autos in meiner Gasse? (schwarz) Wohin fallen kleine Steine? (nach unten)

Nicht so gute Beispiele: Welcher Mensch riecht gut? Wann kommt ein Briefträger ins schleudern? Woran denkt der Orang-Utan im Zoo?

4. Kennen Sie die Methode, wie Sie die richtige Antwort finden?

Forschungsfragen ohne einen passende Weg, sie zu beantworten, führen zu keinem klaren Ergebnis.

Erstes Problem: Die Zeit. Deine Forschungsmethode sollte eine Antwort rechtzeitig vor Noten- oder Abgabeschluss deiner Arbeit liefern. Zweites Problem: Der Aufwand. Elektronenmikroskope sind uns nicht zugänglich, und 300 Personen für einen Geschmackstest mit Schokocreme scheitert an der Zahl der benötigten Menschen und an dem Preis für die Schokocreme. Achtung: Ethische Bedenken. Experimentieren Sie nicht mit sich selbst, anderen und Tieren.

  • Gute Beispiele: Glauben Menschen an Gott? (Umfrage) Wo klebt die Autobahnvignette? (Beispiele finden) Sehen Menschen so aus wie ihre Hunde? (Paare finden und bewerten)

Nicht so gute Beispiele: Gibt es Gott? Was macht mich schwach? Wie wirkt Aspirin?

5. Wird Ihnen die Arbeit an Ihrer Forschungsfrage Freude machen?

Mit Begeisterung gibt es in der Forschung die schöneren Ergebnisse.

Nützen Sie Ihre wertvolle Arbeitszeit, der Natur oder der Umwelt eine Frage zu stellen, deren Antwort Sie selbst interessiert. Sie brauchen dazu keinen Experten. Sie sind es selbst. Sie brauchen dazu kein Internet. Sie selbst sind kompetent genug. Sie forschen selbst. Ihre Ergebnisse werden spannend sein, sie werden vielleicht Widerspruch erregen. Die Antworten weden Sie fast immer überraschen. In Ihrer Forschungsarbeit wird es Ihnen auch gelingen, diesen Erfolg der eigenen Arbeit zu vermitteln.


Ein Formblatt für die “persönliche Favoritenforschungsfrage” gibt es hier.

Quellen: Fotos und Text: Lothar Bodingbauer